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Rede Björn Ruland

Diese Rede hat Björn Ruland am 15. Oktober 2017 aus Anlass der Demo gegen den AfD-Parteitag in Wiehl gehalten:

Herzlich Willkommen im Wiehltalstadion

Da wir uns alle in einer Sache solidarisch erklärt haben und somit quasi eine große Familie darstellen, habe ich mich für die Anrede am heutigen Tage für das persönlichere DU an Stelle des förmlichen SIE entschieden – ich hoffe, das geht für alle so in Ordnung. In diesem Sinne möchte ich euch alle ganz herzlich willkommen heißen, hier im Stadion der Stadt Wiehl.

Bevor ich mit meiner eigentlichen Rede beginne, möchte ich kurz erklären, warum wir hier unten im Stadion und nicht auf dem Rathausplatz stehen. Da es viele Menschen gibt, die sich über diesen Ort als Versammlungsstätte wundern und zum Teil auch ärgern. Es gab unzählige Beratungsgespräche zu diesem Thema zusammen mit der Polizei und Vertretern der Stadt.

Zum Zeitpunkt der Entscheidung für diesen Ort, war es so, dass es gute sicherheitstechnische Gründe gab, sich für das Stadion zu entscheiden. Die Frage der Sicherheit bei der Planung der Veranstaltung war – wie ihr euch sicher vorstellen könnt – eine ganz zentrale. Aber ich finde, dass wir hier an dieser Versammlungsstätte nicht schlechter aufgestellt sind als anderswo.
Ich möchte mich im Namen aller Organisatoren in aller Form bei allen Unterstützern unserer Aktionen bedanken. Ebenso möchte ich mich bei euch allen für euer zahlreiches Erscheinen bedanken, denn eine Kundgebung anzumelden ist das eine, sie mit Leben zu füllen das andere. Und das macht ihr heute hier auf eine wirklich eindrucksvolle Art und Weise.

Bei den unzähligen Gesprächen, die während der ausgesprochen intensiven Vorbereitung dieser beiden Tage stattgefunden haben, gab es einen Satz, den ich immer und immer wieder hören musste: Die AfD ist eine demokratisch gewählte Partei, sie hat das Recht sich zu versammeln, man kann nichts dagegen tun – und eine Demokratie muss das auch aushalten.

Es ist völlig unumstritten, dass die AfD eine demokratisch gewählte Partei ist und selbstverständlich darf sich diese auch versammeln – genau so, wie wir das heute hier dürfen. Wo kämen wir denn bitte auch hin, wenn Kommunalpolitiker die Macht bekämen, darüber zu entscheiden, wer ein Recht auf Versammlungsfreiheit hat und wer nicht.

Die Forderungen an die Stadt, die Veranstaltung der AfD zu verbieten, sind nicht nur absurd, sondern im höchsten Maße undemokratisch! Wenn wir uns heute hier also für demokratische Grundsätze stark machen, dann müssen wir uns alle im Klaren darüber sein, dass diese Grundsätze für alle Menschen im gleichen Maße gelten.

Ebenso müssen wir uns aber auch im Klaren darüber sein, dass Demokratie nichts ist, hinter der man sich verstecken kann oder auf der man sich ausruhen könnte, sondern etwas, was wir aktiv und mit aller Kraft beschützen müssen. Und dass wir die Macht dazu haben, tatsächlich Dinge zu bewegen, wenn wir uns alle zusammen für etwas stark machen. Das können wir hier und heute doch auf eine eindrucksvolle Art und Weise miterleben!

Dieser kleine Etappensieg ist durchaus ein Grund zur Freude. Er ist aber auf keinen Fall Anlass dafür, die Hände in den Schoß zu legen. Die AfD wird anderswo tagen, sie ist nach wie vor überaus aktiv, sie ist im Bundestag
vertreten und das als drittstärkste Kraft. Zu glauben, mit dem ersten Kratzer in der Rüstung fällt direkt der ganze Ritter wäre töricht, und ein fataler Fehler.

Solange diese Partei in den Landtagen und im Bundestag vertreten ist, sind demokratische Grundwerte in Gefahr, denn nur weil eine Partei demokratisch gewählt wurde, heißt das noch lange nicht, dass diese Partei demokratisch ist!
Ich habe in einem Zeitungsartikel der Zeit aus dem Jahre 2012 einen wirklich
bemerkenswerten Artikel zu diesem Thema gefunden.

In der Wahl am 31. Juli 1932 wurde die NSDAP demokratisch zur stärksten Partei gewählt. Die SPD rutschte damals auf 21,6% ab. Ohne den kompletten Inhalt dieses Artikels an dieser Stelle wiedergeben zu wollen, möchte ich zumindest den letzten Satz zitieren: “Hitler kann die Macht ergreifen, weil Deutschland die Demokratie abgewählt hat.“

Es sind die politischen Inhalte einer Partei, mit denen wir uns auseinander setzen müssen, die Art und Weise, wie sie argumentiert und welche Ansichten sie vertritt. Es ist völlig unstrittig, dass zumindest die Führungsspitze der AfD rechtsradikale und nationalsozialistische Ansichten vertritt. Dass durch permanente verbale Überschreitungen von roten Linien eine Verrohung im Sprachgebrauch gegenüber Menschen aus anderen Ländern und Menschen mit einer anderen politischen Überzeugung stattfindet. Dass die Verrohung der Sprache unweigerlich zu einer Verrohung im Umgang mit diesen Menschen
führen wird und dies genau das Kalkül dieser Partei ist!

Ich bin nicht der Meinung, dass eine Demokratie das aushalten muss!
Meiner Meinung nach ist es so, dass es in der Verantwortung eines jeden Demokraten liegt, die derzeit existierende Demokratie zu schützen! Ich sage ganz bewusst – jedes einzelnen Demokraten. Denn ebenso wenig wie die Aussage, dass eine Demokratie das alles aushalten muss, kann ich die ertragen, dass die da oben mal was machen müssen.

Ja, es steht außer Frage, dass auch die da oben gut beraten wären, etwas zu machen. Aber am Ende aller Tage hat man auch uns einen Kopf und eine Stimme gegeben. Und somit möchte ich euch alle bitten, dies beides auch zu nutzen – macht euch schlau, informiert euch umfassend über die politischen Interessen der AfD, seid neugierig und aufmerksam und informiert dann andere. Nutzt also euren Kopf und eure Stimme! Nehmt die Demokratie nicht
als etwas Selbstverständliches hin, als etwas, das alles aushalten kann und muss, sondern als etwas Schützenswertes und bleibt bei all euren Versuchen dies zu tun, selbst stets demokratisch!